Wie ich zum Trommelkreis-Hippie wurde

Gastbeitrag von Michael Schnitzlein

„Immer diese Umweltverbesserer. Leben total weltfremd und auf ihrer eigenen kleinen Insel“, hätte früher auch ein Spruch von mir sein können. Ich bin 23 Jahre alt, studiere Wirtschaftsingenieurwesen im 5. Semester und lebe seit knapp einem Jahr weitgehend plastikfrei.

Früher, wie die ersten beiden Sätze schon andeuten, hatte ich wenig übrig für Umweltschutz und habe auch bis auf ein paar Dinge (wie zum Beispiel: Autofahren ist schlecht für die Natur und Massentierhaltung ist etwas Furchtbares), wenig darüber gewusst. Die kleinsten Strecken zu Fuß empfand ich als Qual. Den Jutebeutel einpacken ein zu großer Aufwand – es gibt ja schließlich Plastiktüten im Supermarkt und meistens gehe ich ja eh spontan einkaufen.

Wie die meisten Leute liebe ich es auch, damals wie heute, raus zu gehen. In die Natur außerhalb der Stadt oder einfach an den Fluss, der gleich vor der Tür ist. Und genau hier ist mir aufgefallen, wie weltfremd ICH eigentlich mit MEINER Einstellung lebe. Die ganzen Kiesbänke voller Müll. Ein wahres Plastiktütenmassaker, hinterlassen von einem wahrscheinlich netten Grillabend im Freien. Glasscherben von einer bestimmt lustigen Feier. Bei genauem Hinsehen Fahrräder, Autobatterien und nicht mehr identifizierbarer Schrott, der wenn man es richtig anstellt wahrscheinlich schon mit einem reden kann.

Ab hier begann meine Transformation zu einem Vollblutbaumstreichler. Mir ist aufgefallen, wie viel Müll wir Menschen produzieren und wie sinnlos das ist. Zusammen mit meiner Freundin begann der Weg in eine verpackungsfreie Lebensweise. Nach und nach wurde für alles eine Alternative gesucht. Was wir noch in Plastik zuhause hatten wurde aufgebraucht. Im Nachhinein betrachtet fällt mir immer wieder auf, dass es nie eine krasse Umstellung war, sondern eher ein schleichender Prozess. An Lebensstandard musste ich dafür nicht einbüßen.

Der Anfang war Gemüse und Obst ohne Verpackung zu kaufen. Die Lebensmittel müssen sowieso gewaschen werden, also für was ist da eigentlich eine Plastiktüte drum herum? Es hat Spaß gemacht andere Lösungen zu finden und ich war immer wieder positiv überrascht, dass die neuen Produkte oft deutlich besser waren als die alten. So wurde zum Beispiel Frischkäse aus Joghurt hergestellt und nach eigenem Geschmack gewürzt. Wir wurden zu Sahneschüttlern – die Butter kommt aufs Brot und in die Pfanne. Die entstandene Molke schmeckt lecker mit Fruchtsäften oder Sirup verfeinert. Käse und Wurst bekommen wir in unsere mitgebrachten Gläser oder Edelstahl-Boxen an der Theke. Jutebeutel sind zum ständigen Wegbegleiter in irgendeiner Jackentasche geworden. An die Grenzen meiner Vorstellungskraft stieß ich, als ich eine kleine Glocke aus Silikon in unserem plastikfreien Laden in der Hand hielt. Als ich meine Freundin fragte wofür zum Teufel das nützlich sein soll, hörte ich das erste Mal das Wort Menstruationstasse. Im ersten Moment etwas verstörend, da ich dachte, dass es ein Behältnis für Getränke ist.

Die außergewöhnliche Lebensweise fiel natürlich auch meinem Umfeld auf. Hier gibt es verschiedenste Meinungen dazu, wenn auch meistens positiv. Das Beste, das man als Einzelner bewirken kann, ist meiner Meinung nach ein Bewusstsein bei anderen zu schaffen, was Nachhaltigkeit bedeuten kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Menschen, wenn sie sich einmal genauer hinterfragen würden, darauf kommen, dass ihr Lebensstil eigentlich gar nicht zu ihren eigenen Werten passt. Man spricht über Naturschutz und wie furchtbar doch unsere Welt ist, aber nur die wenigsten schaffen den Durchbruch dazu, etwas in ihrem Leben zu verändern.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass mehr Menschen auf die Müllthematik aufmerksam werden und sich selbst ein wenig aus ihrer Komfortzone heraus bewegen. Toll wäre es, ein Denken zu generieren, dass Nachhaltigkeit etwas Erstrebenswertes ist, das noch vor materiellen Werten steht.

Bei mir hat alles in kleinen Schritten angefangen, was auch mein Tipp an dich wäre. Auch viele kleine Veränderungen bewirken etwas. Es hat schon einen positiven Nutzen, wenn du eine Plastiktüte in der Natur vom Boden aufhebst und in den Müll wirfst. Fang zum Beispiel an, Müll zu trennen und wenn du das sowieso schon machst könntest du vielleicht darauf achten, dass dein Biomüll stets größer ist, als dein Papier- und Plastikkorb. Noch mehr Tipps findest du auf dieser Website. Es ist menschlich, nicht perfekt zu sein und dann darf auch mal eine Tüte der Lieblingschips oder der Lieblingssüßigkeiten zuhause liegen 😉 .

Vielleicht können wir ja irgendwann zusammen auf unseren Bongotrommeln spielen, unseren super leckeren Räuchertofu über dem Lagerfeuer grillen und darüber lachen, wie verrückt es einmal war alles in eine Plastiktüte zu stecken.

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